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Tiersinnbilder
Aber auch höhere Lebewesen, auch Tiere, pflegen im bäuerlichen Brauch als Sinnbilder verwendet zu werden. Der Bock tritt als Sinnbild der Fruchtbarkeit, etwa im "Kerwahammel" (ursprünglich wohl auch anstatt der "Weinbergsgeiß") auf und noch häufiger ist es der Hahn, der z.B. als "Erntehahn" niederdeutsche Erntekränze schmückt und zum Hahnentanz, Hahnenreiten, Hahnengreifen oder Hahnenschlagen dient. Doch ist er nicht nur Sinnbild der Fruchtbarkeit. Der "hochrote Hahn", geheißen "Fialar", der Edda steht in mythischer Beziehung zur Gottheit und das bäuerliche Brauchtum kennt ihn als "Wetterhahn" auf dem Dache ebenso gut, wie uns das Gleichnis vom "roten Hahn" für die Feuersbrunst allgemein geläufig ist. Und noch ein weiteres: "der Hahn ist des Bauern Uhr und Kalender"! Der Hahn ist Künder des Lichts, ist Künder des neuen Tages, nach dem Volksglauben dann auch Künder des neuen Jahres. Und daraus erklärt sich sein Auftreten als Schmuck oder Spielzeug (Tonhähnchen im Fläming!) zur Weihnachtszeit. Der bezeichnend aufklärende Spruch: "Der Hahn lehrt nicht die Sonne aufgehen, die Sonne lehrt ihn zu krähen", kann nicht aus bäuerlichem Geiste geboren sein, denn der Bauer hatte diese Selbstverständlichkeit wohl von vornherein gewußt und ihre Betonung ändert ja nichts an der Tatsache, daß der Hahn doch den heranbrechenden Tag verkündet und mit seinem Schrei die Schläfer weckt.
Von anderen Vögeln wurden die Raben schon erwähnt, Allvaters Boten Hugin und Munin, die in bewußter Umdeutung durch fremden Einfluß erst zu den Unglücksboten ("Unglücksraben"!) wurden. Ehedem waren sie dem ausziehenden Krieger glückverbündende Zeichen gewesen. Auch dieser Glaube braucht keineswegs allein auf Erfahrung gestützt zu sein (mythologische Zusammenhänge bestehen ja!), wenngleich auch die Beobachtung der Tiere der Naturbeobachtung des germanischen Bauern entsprach. Man erinnere sich doch nur daran, wie Wieland der Schmied seinem Bruder vom Vogelflug berichtet: "Du magst es wissen, daß alle Vögel sich gegen den Wind niederlassen und sich ebenso emporheben."
Der Storch, der Adebar (Odebar = Gut-bringer) wird zum Sinnbild des Kinderbringers, nicht zuletzt weil er zu jener Zeit ins Land zurückkommt, zu der nach göttlicher Ordnung das neue Leben in der Natur erwacht und zu einer Zeit, als die Menschen noch mehr als heute sich in diese göttliche Ordnung einfügten, auch die jungen Menschenkinder zur Welt kamen. Mitwirken mag vielleicht, daß der Storch dank seines langen Schnabels die Kinder leicht aus dem "Kindlesbrunnen" zu holen vermag! --
Der Schwan als Jahresbegleiter findet als friesisches Giebelzeichen vielfach Verwendung. Er ist es, der am spätesten im Jahre die Heimat verläßt und am frühesten wiederkehrt. Nicht unerwähnt darf bleiben, wie seine Körperform (der geschwungene Hals) das S-Zeichen eine Abwandlung der Odalrune (ältere Odilrune) darstellt.
Der Osterhase, der die Ostereier legt, ist ein Frühlingssinnbild. Er ist selbst ein Beispiel üppiger Fruchtbarkeit und der Schnee- oder Alpenhase soll doch im Frühling sein weißes Winterkleid ebenso mit einem dunklen verstauchen, wie die Erde es tut.
Ähnliche Bedeutung hat das Sinnbild des Bären, der in Frühlingsbräuchen hin und wieder vorkommt. Nach altem Volksglauben hält er ja einen ununterbrochenen Winterschlaf, aus dem ihn das Frühlingswerden erst wieder erweckt.
Das Schwein ("Glücksschwein") ist Sinnbild des Glückes und Lebenssegens und tritt als solches im Weihnachtsgebäck (Juleber) noch auf. ("Schwein haben" = Glück haben!)
Die Eule ist nordisches Sinnzeichen der Weisheit. Andere altüberlieferte Tiersinnbilder, wie z.B. die eddischen Hirsche (der "Hubertus-Hirsch") oder auch das Eichhörnchen (Ratatöskr) spielen weniger in Bräuchen eine Rolle, als vielmehr im Erzählgut oder in altüberlieferten bäuerlichen Stick- und Webemustern. (Diese sind, nebenbei, ja auch eine Fundgrube von Lebensdarstellungen, oft verbunden mit weiteren Sinnbildern, dem Vogelpaar, dem Menschenpaar usw.)
Aus "Bauernbrauch im Jahreslauf" von Hans Strobel
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